Die Arbeiten des New Yorker Choreografen Trajal Harrell sind gleichermaßen kluge wie sinnliche Spektakel und zeigen keine Scheu vor großen Emotionen.
Mit Caen Amour schafft Harell eine Art zeitgenössischer Hoochie Coochie Show. Diese erotisch aufgeladene, in exotischen Kostümen präsentierte Form des Bauchtanzes, die Ende des 19. Jahrhunderts in den USA auftauchte, dient als Folie für eine Begegnung zwischen der legendären Jugendstilikone Loïe Fuller und dem Begründer des Butoh-Tanzstils Tatsumi Hijikata. Fullers Tanz in fließenden Gewändern, zu dem sie sich von orientalistischen Vorbildern inspirieren ließ, war Avantgarde und Vaudeville zugleich und wurde postum zum Modernen Tanz erklärt.
An der Schnittstelle von Tanz, Geschichte und Orientalismus interessiert Harrell vor allem eines: der pure Drang zum Tanzen in einer Zeit, in der Kategorien für den Tanz erst noch erfunden werden mussten. So entsteht eine schillernde Mischung aus Modenschau und Tanzlabor, Bühne und Laufsteg, historischem Abriss und musealem Artefakt.
